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Monday 23 July 2012

Day 19

So, heute gibt es mal eine kleine Anektote aus meinem unterhaltsamen Alltag (Achtung nur für Menschen die Sarkasmus erkennen, verstehen und schätzen!). Schauplatz Mittagessen. Der Tisch ist gedeckt. Nach altbäuerlichen Familientradition tarf Butter, Brot und Käse, nicht nur beim Frühstück oder beim Abendessen, sondern natürlich auch beim Mittagessen, nicht fehlen. Einige sitzem am Tisch, andere lassen auf sich warten. Emil telefoniert mit dem Gemeindesekretär und Maria werkelt weiter in der Kühe. Im Hintergrund berichtet Sandra, von den SF1 -Nachrichten, über die neusten Anschläge in Damaskus. "Mahlzeit", jedenfalls.
Als ich gerade beginne meinen Salat zu essen, schiebt mir Florian seinen Teller vor die Nase. Sein Blick natürlich Richtung Fernseher. Unschuldig frage ich ihn: "Kann man dir irgendwie helfen Florian?". "Kartoffeln", antwortet dieser, ohne seinen Blick abzuwenden. Da ich heute bei Laune bin, beschließe ich, bei seinem tollen Spiel mitzumachen und sage: "Spiegeleier". Florian ist verwirrt und versteht meinen Witz nicht. Er schüttelt nochmals mit dem Teller, um mir klar zu machen, dass er Kartoffeln will. Schließlich gibt er nach."Krieg ich Kartoffeln?!". -No problem, so einfach ist das einen ganzen Satz zu bilden- denk ich mir. Doch ich bin noch nicht zufrieden und schau ihn grinsend an "Ja, wie sagt man?".  Florian mustert mich perplex. -Die spinnt jetzt wohl komplett-, denkt er sich wahrscheinlich, -Ich will ja nur meine Kartoffeln- . Zumindest einer versteht's und André neben ihm lacht. "Bitte Florian, man sagt bitte!". Da lächelt dieser verlegen und nuschelt etwas vor sich hin (wahrscheinlich ein "Bitte"). Sogleich mischt sich Maria in das Geschehen ein und meint doch tatsächich: "Also Anna, wir sind hier nicht so nobel, dass wir jedesmal "Bitte" sagen müssen. Du hast doch verstanden, dass er Kartoffeln will!". Nobel bin ich also!?
yeah..Jackpot: I'm a princess!!

Saturday 21 July 2012

Day 17

So anstrengend die ersten Tage der Woche waren, so entspannt, waren nun die letzten Drei. Wolken, Regen, einzelne Sonnenstrahlen und Gewitter. Man kann also nicht Heuen. Die anderen kleinen Arbeiten auf dem Hof, nehmen nicht viel Zeit in Anspruch und sind recht angenehmen. Im Stall sind wieder zwei Kühe (Carla und Ria) mit ihren Kälber (Carlo und Riana...Bauernhumor =))) untergebracht. Diesmal handelt es sich um Kreuzungen aus Milch- und Mutterkühen. Das Problem dabei ist, dass diese Tiere meistens viel zu viel Milch produzieren (sagen wir mal 15 Liter pro Tag. Ein neugeborenes Kalb trinkt aber höchstens 5 Liter). Sie sind deshalb sehr anfällig auf Euterinfektionen. Bei Carla musste schon der Tierarzt kommen und sie kriegt jetzt täglich Schmerzmittel und Antibiotika verabreicht. Von mir bekommt sie außerdem frische Blumen von der Wiese. Ihr Kalb wird nun Ria untergeschoben, die jetzt beide Kälber tränkt. Es sind zwei ganz liebe Tiere und da ich grad soviel Zeit hab, bin ich oft im Stall und ratsche mit den beiden Kühen. Wir verstehen uns super! Gestern haben Claudio und ich außerdem noch ein wenig Gras gemäht und nun liegt eine halbe Blumenwiese für sie im Stall.

Heute Mittag geht's auf die Hütte des Bruders von Tomas (Alp d'Immez). Dort grillen wir saftiges Rindersteak und stopfen uns mit Engadiner Nusstorte voll!!
Es wimmel da nur so von Tieren. Am Hang gleich neben der Alm entdecken wir einen wunderschönen Hirsch. Gämse und Murmeltiere hüpfen sowieso die ganze Zeit um uns herum und als ich im Wald Pfifferlinge suchen gehe, stoße ich auf ein Fuchsbaby. Wir starren uns eine Weile lang an, weil keiner von Beiden recht weiß, was er jetzt tun soll. Schließlich beschließt der winzige Fuchs, dass es doch besser sei, schnell wegzulaufen.








Das Highlight der letzten Tage passiert allerdings heute Abend. Tomas untersucht die beiden Kühe im Stall und stellt fest, dass Ria, trotz der beiden Kälber, immer noch zu viel Milch im Euter hat. Man muss sie abmelken. Und ich darf probieren! Fast ein halbes Liter Milch schaffe ich zu melken (danach geht's bei mir nicht mehr..Tomas allerdings kriegt noch weitere 3 Liter in den Milchkessel!)
Egal, ich "kann" Kühe melken!!!


Wednesday 18 July 2012

Days 13 & 14

Still alive. Da bin ich wieder! Gestern war ein, sagen wir mal, interessanter Tag..
Alles begann um 5.30 Uhr als wir gerade ins Auto stiegen, um zu den Wiesen zu fahren. Maria im Autoradio immer lautstark Musik gehen. Uhrzeiten und Musikgeschmäcker sind ihr egal. So wurde ich noch im Halbschlaf mit Volksmusik bombardiert (hier eine Kostprobe für Musikinteressierte:  http://www.youtube.com/watch?v=RU_aAd9Xv0k ... N.B: Das ist eindeutig mein Lieblingslied; anfangs klingt es wie Star Trek und dann kommt plötzlich die Wüste und Cleopatra und weiß ich nicht was noch alles). Jedefalls war ich durch die nette Morgenmusik schon etwas gereizt. Zum Glück hatte ich meinen iPod mit. Während ich also das Heu vom Vortag zusammenrechnete und versuchte die großen Heuhaufen den Hang runter zu schieben, donnerte Rock in meinen Ohren. Das beruhigte mich vom morgentlichen Musikschock, weckte mich auf und ich war kaum mehr zu stoppen. Da die  Kopfhörer, die mir Claudio geliehen hatte, noch irgendein Mikrofon eingebaut haben, fehlten bei allen Liedern einige Instrumente. So hörte ich High Voltage Overdrive (heute ist Musiklinktag also: http://www.airbagpromo.com/records/apr013 ) ohne Leadgitarre (also auch ohne Solos =( ) und mit lauter Zweitstimme. Bei Guns'N'Roses (einfach alles!!) hörte ich überhaupt keine Stimme. So sang ich eben selbst (das klangt dann zwar nicht mehr so sensationel wie mit Axl Rose, aber mich hörte da oben auf dem Berghang ja keiner!).
Am Nachmittag bekam ich schließlich richtige Kopfhörer. Wenn man da dann am Hang steht, mit "Millionaire" (Queens Of The Stonage, http://www.youtube.com/watch?v=0fOIRnKrskQ) in den Ohren und über das ganze Tal runter blickt, fühlt man sich wie der König der Welt. Ein tolles Gefühl!
Ansonsten gabt es an dem Tag nichts Tolles mehr. Die Blasen auf meinen Händen wurden immer größer, meine Füße waren wundergerieben und schon bald hinkte ich nur noch. So einen ganzer Tag auf einem steilen Hang zu verbringen ist anstrengend. Richtig anstrengend!
Irgendwann war ich dann einfach nur k.o. und auch die Familie begann mich langsam aber sicher zu nerven. Als es immer später wurde, mussten plötzlich alle irgenwohin (den Traktor für den nächsten Tag richten, dem Heuverteiler zuschauen wie er Heu in das Dachlager bläßt, Gemeinderatsitzung etc). So blieb ich allein mit Florian auf den Wiesen, wo wir bis 22.00 Uhr abends Heu laden durften. Um 22.30 Uhr gabs dann Abendessen und schlußendlich durfeten wir anschließend sogar schon schlafen gehen. Ich war mit Körper und Nerven am Ende.

Zum Glück hat mir gester Abend noch jemand geraten, ich solle mir nicht alles so zu Herzen nehmen. Deshalb hab ich mich heute, einfach auf "funktionieren" umprogrammiert und den Rest in Standby geschaltet. Es ist mir also gleich wieder um 5.30 Uhr aufzustehen. Die Schmerzen in den Füßen werden kurzum ignoriert. Es ist mir gleich, dass Tomas wieder nicht da ist, es ist mir gleich wenn Maria dauernd wieder ihr Handy zückt und mit Gott und der Welt telefoniert und es ist mir gleich wenn Florian und Claudio das Heu lieber anschauen, als es zusammen zu rechen. Beide Kopfhörer in den Ohren, habe ich beschlossen, heute nicht sonderlich mit meiner Umwelt zu kommunizieren. Florian versucht einmal mir zu verstehen zu geben, dass er meine Heuballen mit dem Motormäher hinunterstoßen (und mir meine ganze Arbeit verpfuschen) will, da fahr ich ihn nur giftig an: "Geh mit deiner Maschine irgendwoanders hin. Bis zum Stein dort, da bin ich jetzt und ich mach das verdammt nochmal von Hand!" Obwohl ich von außen wahrscheinlich etwas verärgert wirke, geht es mir erstaunlich gut und deshalb fügt sich heute auch Dub Inc (Crazy Island für gute Laune: http://www.youtube.com/watch?v=-NWyF99eR9A ) und Bob Marley (The one and only: http://www.youtube.com/watch?v=6yXRGdZdonM&feature=related ) meinem Musikrepertoire hinzu.
Nachmittags kommt Manuel (der Hirte), um uns zu helfen und der Tag ist gerettet! Er rechnet den ganzen Hang im Rekordtempo ab und bringt mich wieder zum Lachen. Wir springen auf die großen Heuballen und rutschen damit den Berg hinuter. Das ist mindesten so toll wie Schneeballschlacht im Winter und Wellen springen am Meer. Auch Manuel ist bald genervt von Florian und Claudio, die lieber versuchen das Heu mit der Maschine runterzubringen (auch wenn das noch so umständlich und kompliziert ist), als sich mal einen Rechen zu schnappen. Und mir geht es besser, da ich merk, dass ich nicht komplett spinne und mir alles einbilde. Am Ende des Tages meint Manuel: "Das haben wir zwei gut gemacht Anna!"

Feierabend ist dann wieder erst um 21.30 Uhr, aber sogar das ist mir heute egal, denn morgen gibt es mal Heu-Pause (Dank Schlecht-Wetter-Prognosen) und ich darf bis 8.00 Uhr ausschlafen!


Tuesday 17 July 2012

Day 13

Würd euch gern noch was schreiben, aber ich bin tod. Vor der Sonne aufstehen und nach der Sonne erst vom Heuen heim fahren ist Selbstmord. Die spinnen komplett!

Monday 16 July 2012

Day 12

Nach einem wunderschönen und erholsamen Wochenende daheim, indem Meran für mich wie eine Großstadt wirkte, ich im Juli lange Hosen anziehen musste und Grillen bei Regen anscheinend im Moment angesagt ist, holen mich meine Engadiner Bauer schnell auf den Boden ihrer Realität zurück. Kaum 24 Stunden bin ich hier und schon sind Hände, Schultern und Füße zum Wegschmeißen. Auch die neuen, supertollen und sauteuren Bergschuhe, die ich mir gekauft hab, konnten da nicht helfen (ich muss allerdings zugeben, dass ich, wie vom Verkäufer versprochen, keinen Hang hinutergerutscht bin!)
Begonnen hat mein Montag um 5.00 Uhr. Ja, um 5.00!!! (Jeder der mich morgens mal gesehen hat, kann sich wahrscheinlich gut vorstellen wie munter, gesprächig, fröhlich und geschickt ich so früh sein muss!) Na ja, zum Glück geht's vorerst nur zu den Kühen auf die Weide und mit denen muss ich mich ja nicht unterhalten, bzw es ist ihnen relativ egal, was ich ihnen erzähle. Ich hab Brot für sie und deshalb mögen sie mich. Außerdem ist es heute Morgen auch noch ausgesprochen angenehm. Ganze 6°C zeigt das Thermometer und auf den Bergspitzen seh ich noch den Schnee der am Samstag dort gefallen ist.
Um 6.00 Uhr geht's dann richtig los: heuen! Und zwar diesmal auf einem richtigen Hang. Ohne Maschinen. Den ganzen Tag. Diesmal hilft es mir auch nichts, dass der Großvater neben mir mäht. Die Zeit schein nicht zu vergehen...und doch ist es dann irgendwann endlich 19.30 Uhr und Tomas beschließt: "Für heute ist genug!"
Grazia fitch. Merci. Grazie al cielo. Gott-sei-Donk. Danke!

Wednesday 11 July 2012

Day 10

Heute beginnt der Morgen erneut mit einer Suche. Diesmal nach einem Kalb. Mara, die Mutter läuft seit heute Früh auf der Weide umher, sucht und ruft ihr Kalb. Nach langem Hin und Her finden wir es in der angrenzenden Weide; es liegt im hohen Gras und träumt. Wahrscheinlich ist es einfach unter dem Elektrozaun durcheschlüpft. Mara beruhigt sich wieder und auch wir, ein Kalb zu verlieren, zählt wohl zu den schlimmsten Ereignissen eine Mutterkuhzucht-Bauers.


Als wir zurück auf den Hof kommen, hören wir ein Keuchen aus dem Stall. Uina, eine Kuh die wir gestern von der Alm geholt hatten weil sie hinkt, liegt auf den Boden, den Kopf zwischen den Boxengittern eingeklämmt. Sie versucht sich zu befreien, schneidet sich aber so nur noch mehr die Luft ab. Weißer Schaum quillt ihr aus dem Mund. Sofort versuchen wir die Schrauben der Eisenstange zu öffnen. Zum Glück schaffen wir es und Uina zieht schnell ihren Kopf wieder ein.
Kurz darauf kommt die nächste schlechte Nachricht. Auf der Alm hat sich ein Kalb den Knöchel gebrochen und hinkt. Wir müssen es sofort holen, damit das Bein nicht weiter anschwillt. Ich häng den Tierwagen an den Traktor und schon düsen Tomas und ich, mit den 30 km/h des Traktors, die Bergstaße rauf zur Alm. Oben angekommen, wartet Manuel schon auf uns. Er hat das Kalb und seine Mutter bis zur Brücke rausgetrieben, wo wir sie in den Tierwagen laden können. Glücklicherweise läuft alles reibungslos und schon starten wir wieder talwärts. Jetzt müssen wir nur noch warten bis der Tierarzt kommt. Tomas befürchtet, dass das Tier schon Fieber hat und er es daher nicht mehr schlachten kann. Endlich kommt der Doktor von der Clinica Alpina und untersucht das Kalb. Welch Freunde; es kann noch auf die Schlachtbank! Natürlich könnte man den Knöchel aufschneiden und eine Platte einfügen; das Kalb würde sich wahrscheinlich erholen. So eine Operation kostet aber um die 600 CHF und das Kalb wäre Anfang Herbst sowieso geschlachtet worden. Das Tier kommt also sofort zum Metzger. Auch die Mutterkuh wird untersucht. Sie trägt schon wieder kein Kalb, also beschließt man auch sie zu schlachten. Altersschwäche.
Nun geht's aber erst mal zum Mittagessen....Mahlzeit!
Während Tomas also am Nachmittag die Kühe in die Metzgerei bringt, beginnen wir, das geschnittene Heu zusammenzurechen. Eine recht angenehme Arbeit und auch das Wetter spielt mit. Irgendwann bin dann aber auch ich müde und habe das Rechen satt. Es ist fast 21.00 Uhr und wir sind immer noch auf den Wiesen..

Monday 9 July 2012

Day 8

Wiedermal schmeißt mich mein Wecker früh morgens aus dem Bett. Es ist 5.30 Uhr. Neue Aufstehzeit für diese Woche. Man will ja schon vor der Sonne die Welt sehen. Die Wiesen mit ihren Gräsern und Blumen, den stillen Wald mit den dunklen Nadelbäumen und den blauen Himmel. Na ja, vielleicht wäre all dies, mit ein paar Sonnenstrahlen, ja noch schöner, aber das scheint Geschmackssache zu sein. Außerdem muss es ja gar nicht schön sein...Hauptsache früh!
Heute beginnen wir zu Mähen. Mit Mulcher, Motormäher und Surbel (Tomas hat den Begriff "Surbel" inzwischen auch übernommen, er findet der Ausdruck passt gut). Mit Widerwillen sehe ich mich gezwungen die ganzen schönen Blumen am Waldrand niederzumetzeln, während Tomas die großen Flächen mit dem Traktor abfährt. Somit wächst meine Abneigung zum Surbelgerät und auch der Schmerz in Schulter und Rücken hindert uns daran, Freunde zu werden. Doch meine Rettung ist schon im Anmarsch: der Großvater kommt. Und zwar mit seiner Sense. Als er die ganzen Maschinen sieht, schüttelt er nur den Kopf und sagt weise: "Ja ja, diese ganzen Maschinen. Sie haben die Arbeit leichter gemacht, aber dafür den Menschen komplizierter. Ich hab noch immer alle meine Felder mit meiner Sense gemäht!" Dann meint er zu mir: "Komm Anna, stell das Ding da ab und probier mal mit der Sense." Und so beginnt mein Mähunterricht. Tomas lässt mich zum Glück mit dem Großvater und unseren Sensen, schnappt sich die Surbel und marschiert ans andere Ende der Wiese. Geduldig und mit großer Freunde erklärt mir der Großvater also, wie man das Gras richtig schneidet, wie man den richtigen Winkel für das Messer findet und wie man seine Sense schleift. Ich fühle mich wie in einer früheren Zeit (abgesehen von meinem knallblauem "Spangeleleibele" und den kurzen Hosen!). Ich genieße den Duft des gemähten Grases, die Sonne, die Berge, die Ruhe auf dieser Wiese und die Stimme des Großvaters, der immer wieder zu mir rüber ruft: "ah, das war ein schöner Schnitt. Hörst du wie das pfeift!?". Kurz: Total kitschig und ich mittendrin, total glücklich!



Nachdem die erste Wiese geschafft ist, fahren wir zurück auf den Hof und der Großvater zeigt mir wie er die Sensen dengelt, damit die Schneide so dünn wird wie Zeitungspapier und man sie mit dem Fingernagel verbiegen kann. So muss es nämlich sein! Eine Stunde lang sitzen wir vor dem Haus; er schlägt mit seinem Hammer auf das Messer und ich schau ihm dabei zu. Dann geht es zum nächsten Hang. Am Abend ist der Großvater mit meiner Arbeit sehr zufrieden und meint: "Ja so langsam hast du den Dreh raus. Geschickt seit ihr, ihr Südtiroler. Besonders mit der Sense, das weiß ich. Wir hatten da mal einen Hirten aus dem Passeiertal und der konnte mähen!! Das war ein richtiger Genuss ihm zuzuschauen. So flink und elegant. Das klang wie Musik wenn der das Gras schnitt!"


Jedenfalls war es ein super Tag...wahrscheinlich der Beste hier! Und obwohl ich jetzt Blasen an meinen zitternden Händen habe und kaum noch Kraft in meinen Armen freue ich mich auf die ganzen Wiesen die noch zu heuen sind!

P.S: Papi, deinen Rasenmäher kannst du wegschmeißen, ab heute wird alles per Hand mit der Sense gemacht! =)

Saturday 7 July 2012

Day 6

"Sonda es un bon di"
Am Morgen geht es wie immer, rauf zu den Kühen, um ihnen ihr Frühstücksbrot zu bringen. Denen scheint es dort auf der Weide gut zu gefallen und auch die drei jungen Kälber springen schon munter, um die noch halb verschlafenen Kühe und den faulen schweren Stier herum. Danach wird der Gülleschlauch vom Vortag eingerollt und die Bewässerungsrohre für die Wiese neu verlegt. Zurück auf dem Hof, kämpfe ich mich durch den Stall, wo bis gestern noch der entlaufene Stier untergebracht war. Ich versuche alles zum Glänzen zu bringen. Na ja, das mit dem Glänzen klappt nicht wirklich, aber Tomas meint, ich könne auch gern mal im Winter zum Stall putzen kommen! Vor dem Mittagessen bekomme ich noch einen Crashkurs im Hoflader fahren und muss unter der strengen Beobachtung von Tomas, zweimal vorwärts und einmal rückwerts um den Stall fahren. Dann die Heugabel abmontieren und die Schaufel einhängen. Ein Naturtalent! =)
Am Nachmittag kommt Besuch und es wird viel erzählt, gelacht und diskutiert (meistens natürlich auf Romantsch. Dies ist aber weiters kein Problem, denn das Rätoromanische aus dem Engadin, ähnelt dem Italienisch sehr. Außerdem treffen Sprachen bei mir ja grundsätzlich auf große Begeisterung!). Da das Wetter sich immer noch nicht entscheiden kann, ob es jetzt regnen soll oder nicht, verkündet Tomas uns, dass wir mit dem Mähen erst am Montag beginnen werden. Somit finde ich Zeit mit meinem Betriebsheft, das ich für die Uni (sorry ETH) schreiben muss, zu beginnen und schaffe es sogar noch einige Seiten in meinen Büchern zu lesen (derzeit: "Der Meister und Margarita" von M. Bulgakow und "Anvil", die Geschichte einer kanadischen  Heavy-Metal-Band =)).

Da in den letzten Tagen meine außerordentliche Fahrkünste entdeckt worden sind und vielleicht auch weil sonst keiner der Söhne den Führerschein hat, darf ich abends Chauffeur spielen. Mit Claudios Auto (Claudio ist der Zweitälteste; er hat auch keinen Führerschein aber dafür ein Auto!) und den drei Jungs, fahren wir zu einer kleinen Grillfete im Dorf. Diesmal ist auch Reto, der Älteste, da und  überrascht mich mit einem perfekten Vinschger Dialekt! Bei der Grillfete merke ich dann, dass das gar nicht so ungewöhnlich ist und einige packen ihr Südtirolerisch aus. Begeistert beginnen sie von ihrer Jugend zu erzählen und wie sie, an den Wochenenden, über die Grenze fuhren, um dort auszugehen (im Vinschgau!!!). Dort sei das Bier billiger und das Essen besser gewesen! Jedenfalls merkt man schnell, dass man als Südtiroler im Engadin gut aufgehoben ist!

Friday 6 July 2012

Day 5



Die Aufregung der ersten Tage ist vorbei und langsam lebe ich mich hier ein. Gemütlich mach ich es mir allerdings noch nicht. Bei schlechtem Wetter, ist es, auf 1800 m.ü.d.M, doch noch eher kühl und die Arbeitstage sind meist sehr lange (Die Bedeutung des Feierabends hat es anscheinend, vom Südtirol, nicht über den Ofenpass zu den Graubündner-Bauern geschafft!). Außerdem leistet mir ein schöner Muskelkater täglich Gesellschaft und meine Hände bleiben abends, trotz heftigem einseifen und schrubben, irgendwie immernoch dreckig. Mindestens ist meine Bauernbräune, nach einem Tag Heu sammeln, schon perfekt und hebt die weißen Ränder der Kleidung schmeicheld hervor.

Nun möchte ich euch heute aber, ein wenig über den Hof und über die Familie erzählen. Der Betrieb wurde vom Großvater aufgebaut (der natürlich immer noch kontrollieren kommt, ob man die Arbeit richtig macht und der zu seiner großen Freude, in mir, eine interessierte Zuhörerin für seine Geschichten gefunden hat!). Früher hielt man hier Milchkühe, doch seit Tomas den Hof übernommen hat und der Milchpreis so entsätzlich gefallen ist, hat man umgestellt auf Mutterkuh-Haltung. Somit zählt der Hof heute einen Stier, rund 30 Mutterkühe, 10 Aufzuchtrinder, und nochmals ca. 30 Kälber. Zu meinem Glück, sind die alle im Moment entweder auf der Weide, oder weiter oben auf der Alm (kein Ausmisten!). Dort wacht Manuel, der Hirte aus dem Vinschagau, über sie und über andere 150 Kühe und 6 Pferde!
Ansonsten leben auf dem Hof, außer der Familie (Tomas, Maria und deren 4 Söhne), 200 Hühner, 2 dreckige Katzen (ja, diese Katzen mag ich nicht!) und haufenweiße Traktoren, Heulader und andere Geräte, mit denen ich nicht viel anfangen kann. Tomas ist ein sehr liebenswerter Mann. Er liebt seine Kühe und ist stets guter Laune. Eigentlich ist -Bauer sein- seine Nebenbeschäftigung, denn er ist außerdem noch Gemeindepräsident, Vorstandsmitglied des Bauernbunds, des Maschinenrings und des Verbandes zum Schutz der Rätoromanischen Sprache, Präsident des Wasserkraftwerkes etc. Seine Frau Maria kümmert sich um die Bürokratie von Haus und Hof, die Hennen, das Essen (meist weiße Nudeln und Wurst =( ) und weniger um den Haushalt.
Der älteste Sohn ist gerade beim Militärdienst (ja, in der Schweiz ist das noch Pflicht!!) und der Zweitälteste macht eine Mauerlehre. Am meisten tut mir Florian, der Jüngste, leid. Ist es möglich, dass ein 14 jähriger, in seinen Sommerferien, von 7.00 Uhr morgens bis 9.00 Uhr abends auf dem Hof arbeitet? Er findet immer noch was zu tun (auch wenn es manchmal ein wenig sinnlos ist); montiert 100 mal irgendwelche Schaufeln und Stapler auf den Traktor und fährt den ganzen Tag hin und her damit. Ich finde einfach, er bräuchte, neben dem Bauernhof, ein Hobby.
Florian sagt, er mache das gerne und das finde ich toll...Kann aber, Gülle verteilen (Gülle = flüssiggehaltene Kuhscheiße), wirklich Freude bereiten? Denn selbst das macht er gerne und kann nach dem Mittagessen, diese tolle Arbeit gar nicht abwarten. (Bei Gülle-Angelegenheiten kommt bei mir eindeutig die Stadlerin zum Vorschein: Übergeben möchte ich mich. Irgendwann ist bei mir einfach Schluss!). André ist zur Zeit noch in einer Landwirtschaftlichen Schule in Landquart und kommt nur an den Wochenenden heim.


Heute war dann, zum Glück, mal früher Schluss und morgen gehen wir hoffentlich wieder zu Manuel und den Kühen auf die Alm, denn da gefällt es mir eindeutig am Bestem!!

Wednesday 4 July 2012

Day 3

"Surblen, surblen, surblen" (bzw. trimmen, trimmen, trimmen)! Von 7.00 Uhr morgens bis 20.30 Uhr. Bett?! Gute Nacht!

Tuesday 3 July 2012

Day 2

Heute beginnt der Tag mit einer "Schatzsuche": bis zum Mittagessen gehen wir den ganzen Zaun unserer Weide ab, um zu überprüfen, wo der Stier gestern Abend entkommen konnte und ob es noch weitere Schwachstellen gibt, an denen die Drähte durchtrennt sind und die Holzpfosten am Boden liegen. 15 km Straße, Wald, Wiese und Sumpf!! Meine "Stadler-Bergschuhe" können da nicht lange mithalten und ertrinken im vielen Wasser (meine Füße übrigens auch!)
Für den Nachmittag wird mir also ein passenderes Outfit verpasst und ich fühle mich wie auf einer amerikanischen Ranch: fette grüne Gummistiefel und Jeanshosen (natürlich mit dicken Wildlederhandschuhen in der Hosentasche!)
Nachdem wir schnell ein wenig Gras für den schnaubenden Ausbrecher besorgen, schlägt das Wetter um und mit dem Wetter, meine Laune und mein Glück. Den Nachmittag verbringen Florian und ich wieder auf den steilen Berghängen. Dort legen wir, unter triefendem Regen, neue Wasserleitungen für die Beregnung. Schon nach einer Stunde machen wir uns nicht mal mehr die Mühe die Beregner abzustellen, bevor wir sie verstellen...nass sind wir sowieso! Wieso die Bewässerung der Wiesen gerade bei so einem Wetter implementiert werden muss, ist mir ein Rätsel.
Klitschnass und durchfroren (und das am 3. Juli!!!!!) fahren wir zurück zum Hof. Florian und André haben noch 1000 Sachen im Kopf, die sie umbedingt jetzt, bei diesem Sauwetter, im Freien noch machen wollen. Sollen sie doch, ich hab eindeutig genug und hilf lieber drinnen. Also beschließe ich, noch schnell den Stier zu füttern, die Geräte wegzuräumen und den Traktor ins Trockene zu stellen. Ich fahr also los und als ich anhalten will, um Umzudrehen, bleibt der Traktor nicht stehen. Geradeaus in den Holzzaun fährt er (bzw ich). Zum Glück bleibt er, kurz bevor der Zaun komplett durchbricht, doch noch stehen. Mamma mia, che paura! Ich bin offiziel kein Traktorfan mehr! Nun sitze ich, noch immer ein wenig geschockt, in meinem Zimmer und ärgere mich über mich selbst. Eigentlich möchte ich nur noch schlafen gehen, doch die blöde Katze hat in mein Bett gemacht.
Giornata no!

Monday 2 July 2012

Day 1

Mein Wecker haut mich um 6 Uhr morgens aus dem Bett und weiß im ersten Moment nicht ganz wo ich bin. In meinen Ohren die Melodie meines Handyweckers (Chan Chan von Buena Vista Social Club...also ist der Ausdruck "aus dem Bett hauen" nicht wirklich angebracht) und vor meinen noch halbgeschlossenen Augen, ein Zimmer das ich nicht kenne. Man sieht die ersten schwachen Sonnenstrahlen hinterm Berg und durch das offene Fenster weht die Morgenluft. Es richt nach frisch geschnittenem Heu. Irgendwo draussen miaut eine Katze und da fällt mir alles wieder ein: Welt, Schweiz, Engadin, Susch, Bauerhof, läufige verzweiflte orange-getigerte Katze. Heute ist der erste Tag meines Praktikums auf dem Bauernhof.
Langsam erwachen auch die anderen Zimmer des Hauses und kurz darauf sitzen wir ( Tomas der Bauer bei dem ich arbeite und seine zwei Söhne Florian und Andrè) schon ihm Auto. Wir fahren rauf zu den Wiesen auf den Berghängen, wo die Bewässerung überprüft und teilweise geflickt werden muss (die neuen Ersatzteile komme aus Schlanders!!!). Morgendusche ist inklusive! Weiter geht's zur Weide wo wir Salz für die Kühe streuen und uns zu viert auf die Suche nach der trächtigen Kuh Bianca machen. Als wir sie schließlich finden meint der Bauer sofort: "Ah, da sieht man schon die wird heute noch kälbern".
Man hat noch viel zu tun also fahren wir Richtung Flüelapass, denn wir wollen noch zur Alm um dort die neugeborenen Kälber zu markieren (d.h. ihnen die gelben Nummer- bzw. Namensplaketten in die Ohren zu stechen). Als wir auf der Alm ankommen, erwartet uns bereits Manuel, der Hirte aus dem Martelltal mit seinen zwei Hunden und die erste Kuh ist schon in Sichtweite. Tomas ist flink und somit ist die Suche nach den Kälbern und die Wahl der Namen (meine ehrenswerte und schwierige Aufgabe) die zeitaufwändigste Arbeit. Dieses Jahr bekommen alle Kälber einen Namen mit D. Daria, Dino, Daphne und Diego (zu meiner Verteidigung: Daria war nicht meine Idee. Alle anderen schon =))
Zurück im Tal installieren Florian und ich noch einige Beregner auf den Wiesen. Mit viel Geduld (und Stolz) erklärt der 14 jährige mir wie alles funktioniert, ganz besonders der Traktor!! =) Ich höre geduldig zu und muss insgeheim schmunzeln: diese Faszination für Traktoren! Nun ja...irgdenwann sitze ich dann plötzlich hinterm Steuer und werde innerhalb kürzester Zeit zum ebensogroßem Traktor-Fan wie er!
Nach dem Mittagessen steht die Welt Kopf: Der Motor eines Traktors muss Repariert werden, da irgendwo ein Loch ist und zu meiner eigen Überraschung sind meine kleinen feinen "Studentenhandln" die Nützlichsten. Sie kommen überall hin und schaffen es alle Schrauben zu lösen. Als ich dann das zweite Mal zum Mechaniker fahre, um ein Metallteil löten zu lassen, überlege ich mir ernsthaft Mechanikerin zu werden!
Als alles wieder repariert ist, kommt ein Freund von Tomas mit seinem Stier im Anhänger vorbei. Der kommt auf "unsere" Weide. Somit schaff ich es auch noch einen Stierkampf mitzuerleben, denn Gino, der Angus Stier von Tomas, tolleriert natürlich keine Konkurenz bei seinen Kühen. Irgendwann beruhigen sich alle und als wir grad wieder heimfahren wollen, hören wir Gekreische (es hört sich wirklich so an) aus dem Wald. Die Kuh Bianca gebärt ihr Junges. Als wir endlich ankommen liegt das "Kalbele" schon im Gras.
Nun scheint der Tag vorbei, wir fahren heim, es gibt Abendessen und ich fange an meinen neuen Blog zu gestallten. Doch dann, gegen 21.00 Uhr klingelt das Telefon. Es ist ein Bauer aus dem Nachbardorf: Der neue Stier vom Nachmittag steht bei ihm im Hof! Also alle wieder raus..Vamonos toreros hay que capturar un toro libre!