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Wednesday 11 July 2012

Day 10

Heute beginnt der Morgen erneut mit einer Suche. Diesmal nach einem Kalb. Mara, die Mutter läuft seit heute Früh auf der Weide umher, sucht und ruft ihr Kalb. Nach langem Hin und Her finden wir es in der angrenzenden Weide; es liegt im hohen Gras und träumt. Wahrscheinlich ist es einfach unter dem Elektrozaun durcheschlüpft. Mara beruhigt sich wieder und auch wir, ein Kalb zu verlieren, zählt wohl zu den schlimmsten Ereignissen eine Mutterkuhzucht-Bauers.


Als wir zurück auf den Hof kommen, hören wir ein Keuchen aus dem Stall. Uina, eine Kuh die wir gestern von der Alm geholt hatten weil sie hinkt, liegt auf den Boden, den Kopf zwischen den Boxengittern eingeklämmt. Sie versucht sich zu befreien, schneidet sich aber so nur noch mehr die Luft ab. Weißer Schaum quillt ihr aus dem Mund. Sofort versuchen wir die Schrauben der Eisenstange zu öffnen. Zum Glück schaffen wir es und Uina zieht schnell ihren Kopf wieder ein.
Kurz darauf kommt die nächste schlechte Nachricht. Auf der Alm hat sich ein Kalb den Knöchel gebrochen und hinkt. Wir müssen es sofort holen, damit das Bein nicht weiter anschwillt. Ich häng den Tierwagen an den Traktor und schon düsen Tomas und ich, mit den 30 km/h des Traktors, die Bergstaße rauf zur Alm. Oben angekommen, wartet Manuel schon auf uns. Er hat das Kalb und seine Mutter bis zur Brücke rausgetrieben, wo wir sie in den Tierwagen laden können. Glücklicherweise läuft alles reibungslos und schon starten wir wieder talwärts. Jetzt müssen wir nur noch warten bis der Tierarzt kommt. Tomas befürchtet, dass das Tier schon Fieber hat und er es daher nicht mehr schlachten kann. Endlich kommt der Doktor von der Clinica Alpina und untersucht das Kalb. Welch Freunde; es kann noch auf die Schlachtbank! Natürlich könnte man den Knöchel aufschneiden und eine Platte einfügen; das Kalb würde sich wahrscheinlich erholen. So eine Operation kostet aber um die 600 CHF und das Kalb wäre Anfang Herbst sowieso geschlachtet worden. Das Tier kommt also sofort zum Metzger. Auch die Mutterkuh wird untersucht. Sie trägt schon wieder kein Kalb, also beschließt man auch sie zu schlachten. Altersschwäche.
Nun geht's aber erst mal zum Mittagessen....Mahlzeit!
Während Tomas also am Nachmittag die Kühe in die Metzgerei bringt, beginnen wir, das geschnittene Heu zusammenzurechen. Eine recht angenehme Arbeit und auch das Wetter spielt mit. Irgendwann bin dann aber auch ich müde und habe das Rechen satt. Es ist fast 21.00 Uhr und wir sind immer noch auf den Wiesen..

Monday 9 July 2012

Day 8

Wiedermal schmeißt mich mein Wecker früh morgens aus dem Bett. Es ist 5.30 Uhr. Neue Aufstehzeit für diese Woche. Man will ja schon vor der Sonne die Welt sehen. Die Wiesen mit ihren Gräsern und Blumen, den stillen Wald mit den dunklen Nadelbäumen und den blauen Himmel. Na ja, vielleicht wäre all dies, mit ein paar Sonnenstrahlen, ja noch schöner, aber das scheint Geschmackssache zu sein. Außerdem muss es ja gar nicht schön sein...Hauptsache früh!
Heute beginnen wir zu Mähen. Mit Mulcher, Motormäher und Surbel (Tomas hat den Begriff "Surbel" inzwischen auch übernommen, er findet der Ausdruck passt gut). Mit Widerwillen sehe ich mich gezwungen die ganzen schönen Blumen am Waldrand niederzumetzeln, während Tomas die großen Flächen mit dem Traktor abfährt. Somit wächst meine Abneigung zum Surbelgerät und auch der Schmerz in Schulter und Rücken hindert uns daran, Freunde zu werden. Doch meine Rettung ist schon im Anmarsch: der Großvater kommt. Und zwar mit seiner Sense. Als er die ganzen Maschinen sieht, schüttelt er nur den Kopf und sagt weise: "Ja ja, diese ganzen Maschinen. Sie haben die Arbeit leichter gemacht, aber dafür den Menschen komplizierter. Ich hab noch immer alle meine Felder mit meiner Sense gemäht!" Dann meint er zu mir: "Komm Anna, stell das Ding da ab und probier mal mit der Sense." Und so beginnt mein Mähunterricht. Tomas lässt mich zum Glück mit dem Großvater und unseren Sensen, schnappt sich die Surbel und marschiert ans andere Ende der Wiese. Geduldig und mit großer Freunde erklärt mir der Großvater also, wie man das Gras richtig schneidet, wie man den richtigen Winkel für das Messer findet und wie man seine Sense schleift. Ich fühle mich wie in einer früheren Zeit (abgesehen von meinem knallblauem "Spangeleleibele" und den kurzen Hosen!). Ich genieße den Duft des gemähten Grases, die Sonne, die Berge, die Ruhe auf dieser Wiese und die Stimme des Großvaters, der immer wieder zu mir rüber ruft: "ah, das war ein schöner Schnitt. Hörst du wie das pfeift!?". Kurz: Total kitschig und ich mittendrin, total glücklich!



Nachdem die erste Wiese geschafft ist, fahren wir zurück auf den Hof und der Großvater zeigt mir wie er die Sensen dengelt, damit die Schneide so dünn wird wie Zeitungspapier und man sie mit dem Fingernagel verbiegen kann. So muss es nämlich sein! Eine Stunde lang sitzen wir vor dem Haus; er schlägt mit seinem Hammer auf das Messer und ich schau ihm dabei zu. Dann geht es zum nächsten Hang. Am Abend ist der Großvater mit meiner Arbeit sehr zufrieden und meint: "Ja so langsam hast du den Dreh raus. Geschickt seit ihr, ihr Südtiroler. Besonders mit der Sense, das weiß ich. Wir hatten da mal einen Hirten aus dem Passeiertal und der konnte mähen!! Das war ein richtiger Genuss ihm zuzuschauen. So flink und elegant. Das klang wie Musik wenn der das Gras schnitt!"


Jedenfalls war es ein super Tag...wahrscheinlich der Beste hier! Und obwohl ich jetzt Blasen an meinen zitternden Händen habe und kaum noch Kraft in meinen Armen freue ich mich auf die ganzen Wiesen die noch zu heuen sind!

P.S: Papi, deinen Rasenmäher kannst du wegschmeißen, ab heute wird alles per Hand mit der Sense gemacht! =)