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Saturday 7 July 2012

Day 6

"Sonda es un bon di"
Am Morgen geht es wie immer, rauf zu den Kühen, um ihnen ihr Frühstücksbrot zu bringen. Denen scheint es dort auf der Weide gut zu gefallen und auch die drei jungen Kälber springen schon munter, um die noch halb verschlafenen Kühe und den faulen schweren Stier herum. Danach wird der Gülleschlauch vom Vortag eingerollt und die Bewässerungsrohre für die Wiese neu verlegt. Zurück auf dem Hof, kämpfe ich mich durch den Stall, wo bis gestern noch der entlaufene Stier untergebracht war. Ich versuche alles zum Glänzen zu bringen. Na ja, das mit dem Glänzen klappt nicht wirklich, aber Tomas meint, ich könne auch gern mal im Winter zum Stall putzen kommen! Vor dem Mittagessen bekomme ich noch einen Crashkurs im Hoflader fahren und muss unter der strengen Beobachtung von Tomas, zweimal vorwärts und einmal rückwerts um den Stall fahren. Dann die Heugabel abmontieren und die Schaufel einhängen. Ein Naturtalent! =)
Am Nachmittag kommt Besuch und es wird viel erzählt, gelacht und diskutiert (meistens natürlich auf Romantsch. Dies ist aber weiters kein Problem, denn das Rätoromanische aus dem Engadin, ähnelt dem Italienisch sehr. Außerdem treffen Sprachen bei mir ja grundsätzlich auf große Begeisterung!). Da das Wetter sich immer noch nicht entscheiden kann, ob es jetzt regnen soll oder nicht, verkündet Tomas uns, dass wir mit dem Mähen erst am Montag beginnen werden. Somit finde ich Zeit mit meinem Betriebsheft, das ich für die Uni (sorry ETH) schreiben muss, zu beginnen und schaffe es sogar noch einige Seiten in meinen Büchern zu lesen (derzeit: "Der Meister und Margarita" von M. Bulgakow und "Anvil", die Geschichte einer kanadischen  Heavy-Metal-Band =)).

Da in den letzten Tagen meine außerordentliche Fahrkünste entdeckt worden sind und vielleicht auch weil sonst keiner der Söhne den Führerschein hat, darf ich abends Chauffeur spielen. Mit Claudios Auto (Claudio ist der Zweitälteste; er hat auch keinen Führerschein aber dafür ein Auto!) und den drei Jungs, fahren wir zu einer kleinen Grillfete im Dorf. Diesmal ist auch Reto, der Älteste, da und  überrascht mich mit einem perfekten Vinschger Dialekt! Bei der Grillfete merke ich dann, dass das gar nicht so ungewöhnlich ist und einige packen ihr Südtirolerisch aus. Begeistert beginnen sie von ihrer Jugend zu erzählen und wie sie, an den Wochenenden, über die Grenze fuhren, um dort auszugehen (im Vinschgau!!!). Dort sei das Bier billiger und das Essen besser gewesen! Jedenfalls merkt man schnell, dass man als Südtiroler im Engadin gut aufgehoben ist!

Friday 6 July 2012

Day 5



Die Aufregung der ersten Tage ist vorbei und langsam lebe ich mich hier ein. Gemütlich mach ich es mir allerdings noch nicht. Bei schlechtem Wetter, ist es, auf 1800 m.ü.d.M, doch noch eher kühl und die Arbeitstage sind meist sehr lange (Die Bedeutung des Feierabends hat es anscheinend, vom Südtirol, nicht über den Ofenpass zu den Graubündner-Bauern geschafft!). Außerdem leistet mir ein schöner Muskelkater täglich Gesellschaft und meine Hände bleiben abends, trotz heftigem einseifen und schrubben, irgendwie immernoch dreckig. Mindestens ist meine Bauernbräune, nach einem Tag Heu sammeln, schon perfekt und hebt die weißen Ränder der Kleidung schmeicheld hervor.

Nun möchte ich euch heute aber, ein wenig über den Hof und über die Familie erzählen. Der Betrieb wurde vom Großvater aufgebaut (der natürlich immer noch kontrollieren kommt, ob man die Arbeit richtig macht und der zu seiner großen Freude, in mir, eine interessierte Zuhörerin für seine Geschichten gefunden hat!). Früher hielt man hier Milchkühe, doch seit Tomas den Hof übernommen hat und der Milchpreis so entsätzlich gefallen ist, hat man umgestellt auf Mutterkuh-Haltung. Somit zählt der Hof heute einen Stier, rund 30 Mutterkühe, 10 Aufzuchtrinder, und nochmals ca. 30 Kälber. Zu meinem Glück, sind die alle im Moment entweder auf der Weide, oder weiter oben auf der Alm (kein Ausmisten!). Dort wacht Manuel, der Hirte aus dem Vinschagau, über sie und über andere 150 Kühe und 6 Pferde!
Ansonsten leben auf dem Hof, außer der Familie (Tomas, Maria und deren 4 Söhne), 200 Hühner, 2 dreckige Katzen (ja, diese Katzen mag ich nicht!) und haufenweiße Traktoren, Heulader und andere Geräte, mit denen ich nicht viel anfangen kann. Tomas ist ein sehr liebenswerter Mann. Er liebt seine Kühe und ist stets guter Laune. Eigentlich ist -Bauer sein- seine Nebenbeschäftigung, denn er ist außerdem noch Gemeindepräsident, Vorstandsmitglied des Bauernbunds, des Maschinenrings und des Verbandes zum Schutz der Rätoromanischen Sprache, Präsident des Wasserkraftwerkes etc. Seine Frau Maria kümmert sich um die Bürokratie von Haus und Hof, die Hennen, das Essen (meist weiße Nudeln und Wurst =( ) und weniger um den Haushalt.
Der älteste Sohn ist gerade beim Militärdienst (ja, in der Schweiz ist das noch Pflicht!!) und der Zweitälteste macht eine Mauerlehre. Am meisten tut mir Florian, der Jüngste, leid. Ist es möglich, dass ein 14 jähriger, in seinen Sommerferien, von 7.00 Uhr morgens bis 9.00 Uhr abends auf dem Hof arbeitet? Er findet immer noch was zu tun (auch wenn es manchmal ein wenig sinnlos ist); montiert 100 mal irgendwelche Schaufeln und Stapler auf den Traktor und fährt den ganzen Tag hin und her damit. Ich finde einfach, er bräuchte, neben dem Bauernhof, ein Hobby.
Florian sagt, er mache das gerne und das finde ich toll...Kann aber, Gülle verteilen (Gülle = flüssiggehaltene Kuhscheiße), wirklich Freude bereiten? Denn selbst das macht er gerne und kann nach dem Mittagessen, diese tolle Arbeit gar nicht abwarten. (Bei Gülle-Angelegenheiten kommt bei mir eindeutig die Stadlerin zum Vorschein: Übergeben möchte ich mich. Irgendwann ist bei mir einfach Schluss!). André ist zur Zeit noch in einer Landwirtschaftlichen Schule in Landquart und kommt nur an den Wochenenden heim.


Heute war dann, zum Glück, mal früher Schluss und morgen gehen wir hoffentlich wieder zu Manuel und den Kühen auf die Alm, denn da gefällt es mir eindeutig am Bestem!!

Wednesday 4 July 2012

Day 3

"Surblen, surblen, surblen" (bzw. trimmen, trimmen, trimmen)! Von 7.00 Uhr morgens bis 20.30 Uhr. Bett?! Gute Nacht!

Tuesday 3 July 2012

Day 2

Heute beginnt der Tag mit einer "Schatzsuche": bis zum Mittagessen gehen wir den ganzen Zaun unserer Weide ab, um zu überprüfen, wo der Stier gestern Abend entkommen konnte und ob es noch weitere Schwachstellen gibt, an denen die Drähte durchtrennt sind und die Holzpfosten am Boden liegen. 15 km Straße, Wald, Wiese und Sumpf!! Meine "Stadler-Bergschuhe" können da nicht lange mithalten und ertrinken im vielen Wasser (meine Füße übrigens auch!)
Für den Nachmittag wird mir also ein passenderes Outfit verpasst und ich fühle mich wie auf einer amerikanischen Ranch: fette grüne Gummistiefel und Jeanshosen (natürlich mit dicken Wildlederhandschuhen in der Hosentasche!)
Nachdem wir schnell ein wenig Gras für den schnaubenden Ausbrecher besorgen, schlägt das Wetter um und mit dem Wetter, meine Laune und mein Glück. Den Nachmittag verbringen Florian und ich wieder auf den steilen Berghängen. Dort legen wir, unter triefendem Regen, neue Wasserleitungen für die Beregnung. Schon nach einer Stunde machen wir uns nicht mal mehr die Mühe die Beregner abzustellen, bevor wir sie verstellen...nass sind wir sowieso! Wieso die Bewässerung der Wiesen gerade bei so einem Wetter implementiert werden muss, ist mir ein Rätsel.
Klitschnass und durchfroren (und das am 3. Juli!!!!!) fahren wir zurück zum Hof. Florian und André haben noch 1000 Sachen im Kopf, die sie umbedingt jetzt, bei diesem Sauwetter, im Freien noch machen wollen. Sollen sie doch, ich hab eindeutig genug und hilf lieber drinnen. Also beschließe ich, noch schnell den Stier zu füttern, die Geräte wegzuräumen und den Traktor ins Trockene zu stellen. Ich fahr also los und als ich anhalten will, um Umzudrehen, bleibt der Traktor nicht stehen. Geradeaus in den Holzzaun fährt er (bzw ich). Zum Glück bleibt er, kurz bevor der Zaun komplett durchbricht, doch noch stehen. Mamma mia, che paura! Ich bin offiziel kein Traktorfan mehr! Nun sitze ich, noch immer ein wenig geschockt, in meinem Zimmer und ärgere mich über mich selbst. Eigentlich möchte ich nur noch schlafen gehen, doch die blöde Katze hat in mein Bett gemacht.
Giornata no!

Monday 2 July 2012

Day 1

Mein Wecker haut mich um 6 Uhr morgens aus dem Bett und weiß im ersten Moment nicht ganz wo ich bin. In meinen Ohren die Melodie meines Handyweckers (Chan Chan von Buena Vista Social Club...also ist der Ausdruck "aus dem Bett hauen" nicht wirklich angebracht) und vor meinen noch halbgeschlossenen Augen, ein Zimmer das ich nicht kenne. Man sieht die ersten schwachen Sonnenstrahlen hinterm Berg und durch das offene Fenster weht die Morgenluft. Es richt nach frisch geschnittenem Heu. Irgendwo draussen miaut eine Katze und da fällt mir alles wieder ein: Welt, Schweiz, Engadin, Susch, Bauerhof, läufige verzweiflte orange-getigerte Katze. Heute ist der erste Tag meines Praktikums auf dem Bauernhof.
Langsam erwachen auch die anderen Zimmer des Hauses und kurz darauf sitzen wir ( Tomas der Bauer bei dem ich arbeite und seine zwei Söhne Florian und Andrè) schon ihm Auto. Wir fahren rauf zu den Wiesen auf den Berghängen, wo die Bewässerung überprüft und teilweise geflickt werden muss (die neuen Ersatzteile komme aus Schlanders!!!). Morgendusche ist inklusive! Weiter geht's zur Weide wo wir Salz für die Kühe streuen und uns zu viert auf die Suche nach der trächtigen Kuh Bianca machen. Als wir sie schließlich finden meint der Bauer sofort: "Ah, da sieht man schon die wird heute noch kälbern".
Man hat noch viel zu tun also fahren wir Richtung Flüelapass, denn wir wollen noch zur Alm um dort die neugeborenen Kälber zu markieren (d.h. ihnen die gelben Nummer- bzw. Namensplaketten in die Ohren zu stechen). Als wir auf der Alm ankommen, erwartet uns bereits Manuel, der Hirte aus dem Martelltal mit seinen zwei Hunden und die erste Kuh ist schon in Sichtweite. Tomas ist flink und somit ist die Suche nach den Kälbern und die Wahl der Namen (meine ehrenswerte und schwierige Aufgabe) die zeitaufwändigste Arbeit. Dieses Jahr bekommen alle Kälber einen Namen mit D. Daria, Dino, Daphne und Diego (zu meiner Verteidigung: Daria war nicht meine Idee. Alle anderen schon =))
Zurück im Tal installieren Florian und ich noch einige Beregner auf den Wiesen. Mit viel Geduld (und Stolz) erklärt der 14 jährige mir wie alles funktioniert, ganz besonders der Traktor!! =) Ich höre geduldig zu und muss insgeheim schmunzeln: diese Faszination für Traktoren! Nun ja...irgdenwann sitze ich dann plötzlich hinterm Steuer und werde innerhalb kürzester Zeit zum ebensogroßem Traktor-Fan wie er!
Nach dem Mittagessen steht die Welt Kopf: Der Motor eines Traktors muss Repariert werden, da irgendwo ein Loch ist und zu meiner eigen Überraschung sind meine kleinen feinen "Studentenhandln" die Nützlichsten. Sie kommen überall hin und schaffen es alle Schrauben zu lösen. Als ich dann das zweite Mal zum Mechaniker fahre, um ein Metallteil löten zu lassen, überlege ich mir ernsthaft Mechanikerin zu werden!
Als alles wieder repariert ist, kommt ein Freund von Tomas mit seinem Stier im Anhänger vorbei. Der kommt auf "unsere" Weide. Somit schaff ich es auch noch einen Stierkampf mitzuerleben, denn Gino, der Angus Stier von Tomas, tolleriert natürlich keine Konkurenz bei seinen Kühen. Irgendwann beruhigen sich alle und als wir grad wieder heimfahren wollen, hören wir Gekreische (es hört sich wirklich so an) aus dem Wald. Die Kuh Bianca gebärt ihr Junges. Als wir endlich ankommen liegt das "Kalbele" schon im Gras.
Nun scheint der Tag vorbei, wir fahren heim, es gibt Abendessen und ich fange an meinen neuen Blog zu gestallten. Doch dann, gegen 21.00 Uhr klingelt das Telefon. Es ist ein Bauer aus dem Nachbardorf: Der neue Stier vom Nachmittag steht bei ihm im Hof! Also alle wieder raus..Vamonos toreros hay que capturar un toro libre!